Geschichte des Cultimo
I. Wie alles begann…
Begonnen hat alles mit einem konspirativ geplanten Rechtsrock-Konzert in Kuhstedtermoor am 30. April 2005. Stattfinden sollte es im ehemals alteingesessenen Dorfgasthof „Behrens“, der – fünf Jahre zuvor von einem neuen Besitzer übernommen – kurz vor der Zwangsversteigerung stand. Die Veranstaltung konnte damals von der Rotenburger Polizei mit einem klug ausgeführten, aufwändigen Polizeieinsatz am geplanten Aktionsort verhindert werden. Es folgte ein weiterer Anlauf für eine Neonazi-Feier, die wie die erste ebenfalls unterbunden werden konnte. Entsprechend gewarnt erwarteten und verfolgten einige Bewohner des Dorfes und der Umgebung den Verlauf der kurz darauf anberaumten Versteigerung der Dorfgaststätte und sahen ihre Befürchtungen bestätigt: das Objekt Kuhstedtermoor 24 – zu diesem Zeitpunkt noch inklusive Schützenvereins-Gebäude mit gut ausgebautem Schießstand – drohte über einen Strohmann an die rechtsradikale Szene zu fallen. Die fatalen Konsequenzen waren leicht auszumalen, gibt es doch viele erschreckende Beispiele von Ortschaften, deren mehr oder weniger intaktes Dorfleben dadurch zerstört wurde, dass Neonazis dort Schulungs- und Ausbildungszentren errichteten und die Jugendlichen der Umgebung für ihre Aktivitäten anwarben. Und nicht zuletzt: der dramatische Wertverlust aller umliegenden Anwesen.
In höchster Alarmbereitschaft schlossen sich kurzfristig Bewohner aus Kuhstedtermoor und einigen Nachbarschaftsorten zusammen und gründeten im Dezember 2005 mit 17 Gesellschaftern die „CUSTOS“ GmbH ( Custos = der Wächter ) mit dem Ziel, das Gasthaus unter Umgehung der Versteigerung doch noch selbst zu erwerben. Es begannen langwierige Verhandlungen mit der für das Objekt zuständigen Bank. Im April 2006 schließlich war das fast Unglaubliche geschafft: Mit viel Engagement, Energie und Verhandlungsgeschick konnte die CUSTOS GmbH den Kaufvertrag für das Objekt „Kuhstedtermoor 24“ unterschreiben.
Am 1.7.2006 nahmen die Gesellschafter und viele Gäste mit einer ausgelassenen Feier das Objekt „in Besitz“.
Da schon kurz nach der Gründung abzusehen war, dass die finanziellen Einlagen der 17 Gründungsmitglieder für den Kauf und eine dringend notwendige Renovierung bei weitem nicht ausreichen würden, wurde bereits zu Beginn 2006 die Anwerbung weiterer Gesellschafter beschlossen und umgesetzt. Zum Zeitpunkt der „Übernahmefeier“ war die CUSTOS GmbH bereits auf 53 Mitglieder angewachsen.
Für die Gesellschafter stellte sich nun die Frage, was aus dem ehemaligen Gasthof werden sollte. Sie beschlossen, eine Art kultureller Begegnungsstätte für Kuhstedtermoor und die Region Gnarrenburg zu schaffen. Entscheidende Voraussetzung: die Einrichtung müsste sich finanziell selbst tragen können, um einen erneuten Konkurs mit den bereits bekannten Folgen zu vermeiden. So wurde ein Konzept entwickelt, das vorsah, mit vielfältigen kulturellen und gastronomischen Angeboten einen Erlebnistreffpunkt für Jung und Alt zu machen.
Es folgten Monate mit Renovierungsarbeiten, an denen viele freiwillige Helfer beteiligt waren. Im Ergebnis erstrahlten die Veranstaltungsräume im wahrsten Sinn des Wortes „in neuem Licht“ und luden zum Wohlfühlen ein. Bereits am 17.3.2007 fand die offizielle Eröffnungsveranstaltung für den Erlebnistreff Kuhstedtermoor statt.
II.
Nach einem Wettbewerb um die Namensgebung wurde wenige Wochen später das Projekt auf den Namen Cultimo ( Kultur im Moor ) getauft. Das Cultimo startete von Anfang an mit regelmäßigen Veranstaltungen an den Wochenenden, Wert gelegt wurde auf eine bunte Mischung aus Film, Musik verschiedener Genres, Kleinkunst und Ausstellungen. Von Juli 2007 bis Juni 2008 lief zusätzlich ein Cafébetrieb an allen Samstagen und Sonnabenden. Die neue Kulturstätte sprach sich schnell herum und die Zahl der Gäste nahm kontinuierlich zu, nicht zuletzt dank einer sehr positiven örtlichen Presse, die besonders die Entwicklung in den Anfangsjahren treu begleitete.
Besonderes Highlight von Anfang an war das Moorkino an jedem dritten Freitag im Monat, in den Anfangsjahren kleinstes Kino Deutschlands. Initiiert und auf den Weg gebracht wurde es vom Custos-Gründungsmitglied und leidenschaftlichen Cineasten Jochen Lüpke, der in den ersten Jahren alle Vorstellungen mit Freude und Charme einleitete. Über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt war es Kult, zum Moorkino mit seinen eng bepackten Sitzreihen, Eisverkäuferinnen mit Bauchladen und fragwürdigen Luftverhältnissen gegen Ende der Vorführungen zu fahren.
Aber auch alle anderen Veranstaltungen wie Kleinkunst, verschiedenste Musikdarbietungen, Kabarett, Ausstellungen erfreuten sich zunehmender Beliebtheit.
Trotzdem war zu befürchten, dass durch die hohen monatlichen Belastungen wie Erhalt und Verschönerung des Gebäudes, Ablösung des Kredits die dauerhafte Finanzierung des Projektes ein Problem werden könnte. Es fehlte die Möglichkeit, Spenden einzuwerben, um Belastungsspitzen eventuell auffangen zu können. Im Oktober 2007 wurde daher der gemeinnützige Kulturverein Cultimo e.V. gegründet.
Fortan gab es folgende formale Aufgabenverteilung: die Custos GmbH war als Besitzerin/Trägergesellschaft zuständig für alle baulichen Maßnahmen und die finanzielle Abwicklung des Objekts Kuhstedtermoor 24. Einnahmequelle dafür ist eine monatliche Miete, die der Verein Cultimo e.V. aufbringt und über den laufenden Kulturbetrieb erwirtschaftet. Anfangs waren Gesellschafter und Vereinsmitglieder fast deckungsgleich, dies veränderte sich deutlich im Laufe der Jahre.
Wir können nach 10 Jahren mit Stolz auf eine breite Mitgliederbasis verweisen:
Die Custos eG – inzwischen in eine Genossenschaft umgewandelt – zählt fast 100 „Genossen“, Cultimo e.V. hat knapp 150 Mitglieder, von denen allerdings, wie bei allen Vereinen, nur ein kleiner Teil aktiv an den Arbeiten beteiligt ist oder sein kann. Trotzdem freuen wir uns natürlich über jeden weiteren Beitritt, ob als passives oder aktives Mitglied.